Thema Golf
Golfsport mit künstlichem Gelenkersatz
Prof. Dr. med. habil. Hajo Thermann
31. Mai 2021
Das Interesse am Golfsport insbesondere bei der Generation der über Fünfzigjährigen wächst: Im Deutschen Golfverband sind rund 640.000 Mitglieder registriert, 46,7 % davon sind älter als 55 Jahre. Der Anteil der über 50-Jährigen hat sich in den letzten Jahren fast verdoppelt (Quelle: Deutscher Golfverband). Viele ältere Golfer schätzen den Golfsport als belastungsarme (low-impact) Sportart zur Steigerung ihrer körperlichen Fitness und Verbesserung ihres kardiovaskulären Gesundheitszustandes, also von Herz und Gefäßen. Gleichzeitig steigt der Anteil derjenigen Golfer, die mit einer Knie- oder Hüft-Endoprothese weiter ihrem Sport nachgehen möchten.
Mit steigenden Implantationszahlen von Hüft- und Kniegelenks-Endoprothesen steigt auch die Anzahl der Patienten, die nach der Operation mit gleicher oder sogar wenn möglich gesteigerter Intensität zum Golfsport zurückkehren wollen. Diese Patienten haben den Anspruch, ihr körperliches Aktivitätsniveau nach der Operation steigern zu können und hoffen auf eine Minderung der arthrosebedingten Schmerzen.
Patienten, die sich der Implantation einer Knie-Endoprothese unterzogen haben, haben die Chance, nach der Operation ihren kardiovaskulären Gesundheitszustand zu verbessern. Das komplette Ablaufen des Golfkurses stellt eine effiziente Art des Trainings von Herz und Kreislauf dar, da es durchschnittlich 11.000 Schritte oder ca. 6 km Gehstrecke bei geringer Intensität und Belastung umfasst. Im Rahmen einer Umfrage unter den Teilnehmern der Jahrestagung der American Association for Hip and Knee Surgeons 2007 wurde nach empfohlenen Sportarten nach Knie- und Hüftendoprothesen-Implantation gefragt.
Mehr als 95 % der Befragten sahen in der Ausübung von Golf als low-impact-Sportart keine Einschränkung. Insgesamt waren die Empfehlungen bzgl. der Hüftendoprothetik im Vergleich zur Knieendoprothetik noch liberaler.
Knieendoprothese kein Hindernis fürs Golfen
In einer Studie untersuchten Jackson et al. (Jackson et al., Am J Sports Med, 2009) 151 Golfsportler von 44 – 79 Jahren (Durchschnittsalter 66 Jahre) nach Implantation einer Knieendoprothese in einem durchschnittlichen Nachuntersuchungszeitraum von 8,7 Jahren. Von den 1.206 Studienteilnehmern gaben 249 (20,7 %) an, aktive Golfspieler zu sein. Nach Ausschluss von Patienten mit beidseitiger (bilateraler) Knieendoprothesen-Implantation wurden 151 Golfspieler untersucht. 83 % der Patienten gaben an, während des Golfspielens keine Hüftschmerzen zu haben (im Vergleich zu 13 % vor der Operation).
57 % der Golfspieler waren in der Lage, innerhalb von 6 Monaten zum Golfsport zurückzukehren. 81 % der Patienten gaben an, genau so oft (60 %) oder öfter (21 %) im Vergleich zur Phase vor der Operation Golf zu spielen. Lediglich 31 % der Patienten hatten eine Empfehlung bzgl. der Ausübung des Golfsportes von Ihrem Operateur erhalten. 59 % von diesen Operateuren empfahlen ihren Patienten, die Gehstrecke während des Golfspiels einzuschränken (z.B. durch Benutzen eines Golf Carts), 30 % gaben eine Einschränkung bzgl. der Verwendung von Schuhen mit Spikes aus.
In einer Studie von Guten (Guten, Clin Sports Med, 1996) ging interessanterweise die Anzahl der Patienten, die keinen motorisierten Golf Cart benutzen, von vor der Operation 28 % auf nach der Operation 14 % zurück, somit auf die Hälfte. Insgesamt konnten 60 % der operierten Patienten ihr Handicap auf gleichem Niveau halten (69 %) oder sogar verbessern (10 %). 60 % der Golfsportler hatten ein Handicap zwischen 11 und 30.
Mehr sportliche Aktivität nach Knieprothesenimplantation
In einer eigenen Studie des HKF – Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchirurgie der ATOS Klinik Heidelberg – wurde die Sport- und Alltagsaktivität von Patienten vor und nach Implantation einer unikondylären (UKP) oder totalen Knieendoprothese (TKP) untersucht. Unter den 106 Patienten waren 13 Golfspieler (12,3 %). Das Durchschnittsalter aller Patienten lag bei 65,9 Jahren. Die Analyse aller Patienten zeigte, dass die durchschnittliche Anzahl der Wochenstunden, die für das Golfspiel verwendet wurde, von vor der Operation 4,3 auf nach der Operation 6 Stunden gesteigert werden konnte.
Bei genauer Analyse der beiden Gruppen zeigte sich, dass sich durchschnittlich beide Gruppen jeweils verbessern konnten. Die Anzahl der Wochenstunden war in der Gruppe der Patienten mit unikondylärer Knieendoprothese jedoch merklich höher (nach Knie-TEP von 2,7 auf 4,1 h, nach UKP von 8 auf 10,4 h). Im Vergleich zu anderen in dieser Studie analysierten Sportarten zeigte sich beim Golf ein ähnlicher Trend: Die Sportaktivität konnte nach erfolgter Knieendoprothesenimplantation gesteigert werden. Dies gilt offensichtlich auch für die Golfspieler, wenngleich hier nur ein sehr kleines Patientenkollektiv vorliegt.
Fazit
Nach Expertenmeinung kann Golf als low-impact-Sportart, insbesondere zur Verbesserung der kardiovaskulären Fitness, nach Implantation einer Knieendoprothese empfohlen werden.
Die Patienten sollten ermutigt werden, den kompletten Golfkurs abzulaufen und keinen Golfcart zu benutzen. Auf die Verwendung von Golfschuhen mit Spikes sollte nach der Operation hingegen verzichtet werden. Da eine exakte Technik die im Kniegelenk wirkenden Scherkräfte signifikant reduziert, sollte nach der Operation ein intensives Techniktraining fortgesetzt werden.